The Official Website of Paul Michael Glaser
"Our ability to love is our truest power, our greatest power as human beings." PMG |
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Update:
November 28, 2006 |
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Ehrengast im „Our House“
Oktober 2006
„Our House“ ist eine Gemeindedienstsorganisation die Trauerunterstützung, Erziehung, Hilfsmittel und Hoffnung anbietet.
„Als ich dreizehn war…“
Als ich dreizehn Jahre alt war, lag mein Großvater in einem Krankenhaus in Florida im Sterben. Ich hatte gerade meine Bar Mitzwa gefeiert und mein Vater und ich flogen zusammen mit der Schwester meines Vaters und ihrem ersten Cousin nach Miami. Ich erinnere mich an das laute Dröhnen der Propeller des Flugzeugs und an ein beklommenes Gefühl der Vorahnung und das ließ den Flug unendlich erscheinen. Das Krankenhauszimmer meines Großvaters roch wirklich schlecht und ich erinnere mich, keinen vollen Atemzug machen zu wollen und irgendetwas davon hineinzulassen. Die klagende Stimme meiner Tante hallte durch den Korridor und ich stand am Bett meines Großvaters, sang ihm leise und gehorsam einen Abschnitt der Tora, die ich für meine Bar Mitzwa auswendig gelernt hatte. Ich erinnere mich, dass mein Vater hinter mir stand. Ich erinnere mich an seine Hand auf meiner linken Schulter. Mein Großvater war Anstreicher. Er war ein kleiner Mann von leichter Statur. Ich erinnere mich an ihn als einen ruhigen, sehr religiösen Mann, der seine Arme und seinen Kopf mit den kleinen braunen Gebetskapseln und den abgenutzten Lederriemen seiner Tefillin umwickelte und morgens und nachts betete. In Fotos hat er große Ohren, eine große Nase und wenn sie genau hinsehen würden, dann könnten sie sehen, dass er ein Glasauge hatte. Wie auch immer, er kam mir nie lustig vor. Da war immer etwas sehr sanftmütiges an ihm. Die ersten neun Jahre meines Lebens wurden in einem Haus verbracht, das mein Vater entworfen und auf dem Land gleich hinter dem Haus seines Vaters gebaut hatte. Ich habe die Vorstellung, dass ich während dieser Jahre sehr viel Zeit mit meinem Großvater verbracht habe. Ich denke gern, dass wir uns sehr nahe standen… obwohl ich mir nicht sicher bin. Alles, an was ich mich abgesehen von dem Grapefruitbaum vor dem leuchtend weißen Haus in Coral Gables, in dem sie ihren Ruhestand verbrachten, erinnern kann, ist die Hand meines Vaters auf meiner Schulter, dieser schreckliche Geruch, die Totenklage meiner Tante draußen im Krankenhausflur mit den blanken blauen Böden… und mein Großvater vor mir liegend, seine Atmung flach, auf mich starrend mit seinem einen Auge. Und ich erinnere mich wie ich von dem Licht des Badezimmers, das in unser Hotelzimmer schien, geweckt wurde und an die Silhouette meines Vaters, die auf halbem Weg im grellen Eingang lehnte und mir sagte, dass Großpapa gestorben sei. Dann schloss er die Tür und es war dunkel. Nach der Beerdigung meines Großvaters schaute ich in unserem neuen Haus nach draußen über ein Feld jenseits des Esszimmerfensters und ein wirbelnder Derwisch aus Staub und Wind tauchte plötzlich auf und wirbelte träge eine Staubstrasse entlang, die sich durch das Feld wand. Mein Vater, der nie sehr religiös gewesen war, ging zum Gottesdienst in unserer Synagoge, morgens und abends für ein ganzes Jahr… und ich wurde aus der Privatschule genommen in die ich ging, weil ich einen schlimmen Fall von Hautausschlag entwickelt hatte und jeder dachte, dass in einer öffentlichen Schule weniger Druck auf mir lasten würde. Das war meine Einführung in Tod und Trauer. Etwas, von dem ich als junger Mann wusste, dass ich an irgendeinem Punkt einmal durch musste… aber es wurde nicht darüber geredet. Tatsächlich wurde das Thema vermieden. Als Kinder wurden wir davor abgeschirmt… und wenn darüber geredet wurde, dann war es in einem ruhigen, ernsten und kopfschüttelndem Ton der so schwer auf jeder natürlichen Neugierde lastete, die ich in Bezug auf die Sterblichkeit hatte, sodass es in Fleisch und Blut überging das Thema zu vermeiden – es zu vergessen, wann immer es möglich war. Und so habe ich mein junges Leben gelebt. Fasziniert von der Morbidität des Krieges, von Autounfällen und Zeitungsfotos von Gangstern, die in Blutlachen lagen… von toten Leuten. Ich stellte mir immer wieder den Tod meines Vaters vor, obwohl er noch am Leben war. Ich träumte davon, wie sein Tod wohl sein würde… sein Begräbnis… was ich tun und sagen würde. Ich liebte meinen Vater. Ich sehnte mich nach seiner Zuneigung und Anerkennung, und doch war da diese Faszination über seinen Tod. Worum ging es da? Ich denke es war beides, meine Bevollmächtigung durch seinen Tod… und ironischerweise die Angst davor, nach seinem Tod machtlos zu sein. Machtlos, seinen Tod zu verhindern… und irgendwo tief in meiner unsterblichen Jugend, meine Furcht vor der Machtlosigkeit, meinen eigenen Tod zu verhindern. Dann entfaltete sich der Weg meines Lebens vor mir und erreichte einen dunklen Horizont, wo ich nicht nur meinen Vater verlor, sondern kurz danach fand ich mich und meine eigene Familie verloren im Alptraum von AIDS. Ich hatte eine Frau und zwei Kinder die infiziert waren. Mit der Zeit starb meine Tochter… und dann meine Frau. Und während die Erfahrung ihres Verlustes und die andauernde Verletzlichkeit meines Sohnes gegenüber dem HIV-Virus nicht einfach zu beschreiben ist, hat mich das, was ich im Laufe der Zeit über die Machtlosigkeit gelernt habe, an Orte geführt, von denen ich nie geträumt hätte und es hat mir eine Gelegenheit gegeben das zu teilen, was ich weiterhin lerne. Ich denke es ist wichtig, uns unsere Machtlosigkeit einzugestehen in unserem Verständnis von ‚Trauer’, denn während wir um die physische Präsenz derjenigen trauern, die wir geliebt und verloren haben, ist es genauso wichtig anzuerkennen, dass wir auch um uns selbst trauern. Wir trauern wegen unserer eigenen Sterblichkeit… und unsere Machtlosigkeit, es zu verhindern. Ich denke ein primärer Teil unseres Leidens ist unsere Machtlosigkeit. Vom Tag unserer Geburt an erfahren wir was es heißt, machtlos zu sein… und dann erfahren wir Furcht. Und während wir wachsen, erschafft unsere Furcht Scham, weil wir unsere Sterblichkeit nicht beeinflussen können, und wir können dieses Gefühl, machtlos zu sein, nicht tolerieren. Wir tun alles was wir können um diese Gefühle zu vermeiden, sie zu verleugnen und tun was immer wir können um zu beweisen, dass wir in Wirklichkeit Macht besitzen. Und obwohl die Angst, dass wir keine Macht über den Tod haben, sich durch den Tod eines geliebten Menschen bemerkbar macht, oder eine Reise durch Krankheit, tödlich oder nicht, sind da andere Mahnungen, die unser tägliches Leben erfüllen, von denen wir oft nicht in der Lage sind, sie als Erfahrungen machtlos zu sein und uns zu fürchten, anzuerkennen. Der scheinbar harmlose Ärger, im Verkehr stecken zu bleiben. Unfähig zu sein, irgendeinen Einfluss auf ein Kind auszuüben. Unfähig zu sein, ein gewünschtes Ziel im geschäftlichen oder sozialen Stand zu verwirklichen. Wenig oder keinen Einfluss auf unsere politischen Oberhäupter und die Führung unseres Landes… unserer Welt zu haben. Die Gefühle, die diese Mahnungen ans Tageslicht bringen, sind so unerträglich und inakzeptabel… dass wir wütend und ärgerlich auf andere und uns selbst werden. Wir werden depressiv oder wir langweilen uns. Wir werden apathisch, zynisch. Wir essen zu viel, wir kaufen zu viel, vergiften uns mit was immer wir in die Hände oder in den Mund bekommen, in unserem Bemühen, nicht diese Gefühle zu fühlen, nicht diese Angst zu fühlen. Unser Verstand und unser Ego zeigt auf Dinge, die wir besitzen, Quantitäten und Qualitäten von denen es uns möglich ist, sie zu messen. Philosophien und Glaubenssysteme die wir erschaffen haben. Wir sammeln Reichtum an, wir machen uns selbst stärker, und stärker… wir verändern die Form unseres Körpers, die Farbe unserer Haare, unterwerfen andere Völker, töten und verstümmeln im Namen dessen, an was wir glauben… alles in dem Versuch zu beweisen, dass wir mächtig sind. Wir machen sogar einen Feind aus unserer Angst und sagen Dinge wie: ‚Es gibt nichts zu fürchten außer der Furcht selbst’, und wir fragen… wie es hier viele im Moment gerade tun mögen… ‚Warum müssen wir darüber nachdenken? Es uns anhören? Warum sagt er das hier … und jetzt? Ist es nicht genug, dass wir uns damit in der Kirche beschäftigen müssen, oder in der Synagoge, oder wenn ES passiert? Wissen sie… der Tod? Warum gerade jetzt?’ Als ich hierher eingeladen wurde, ließ ich eher zögerlich meine Erinnerungen des Trauerns Revue passieren… diejenigen die ich noch habe… weil mein Verstand es schwierig findet, sich an diese Gefühle zu erinnern. Und ich dachte… was kann ich hier auf den Tisch bringen? Was weiß ich über das Trauern von heute? Und mir wurde bewusst, dass das Trauern nicht nur ein realer Teil meines täglichen Lebens ist wie meine Furcht, sondern ich realisierte, dass wir alle trauern. Unser Land trauert. Unsere Welt trauert. Sie trauert um ihren Verlust der Unschuld. Sie trauert um ihren Verlust der Unsterblichkeit, der geringer werdenden Ressourcen, größere und verletzlichere Bevölkerungen… sie trauert um den Verlust der Illusion dass dieser Planet, unsere Mutter Erde, eine unbegrenzte Quelle des Lebens ist. Und es handelt sich um Trauer… auf so vielen Wegen, über unsere Machtlosigkeit, etwas dagegen zu tun. Der Zustand unserer Welt wird uns in den Schlagzeilen vor Augen gehalten, im Fernsehen, auf Computern und Mobiltelefonen, 24 Stunden am Tag, hämmern uns in eine Apathie, einen pharmazeutischen Nebel… ein rasendes Verlangen nach Kontrolle… alles um zu vermeiden, dass wir uns mit unserer Scham und Furcht, machtlos zu sein, beschäftigen oder dies konfrontieren zu müssen. Und dann habe ich mich an das erinnert, was ich über die Furcht gelernt habe. Dass die Redewendung ‚Es gibt nichts zu fürchten außer der Furcht selbst’ uns einen schlechten Dienst erweist. So sehr es in unserer menschlichen Natur liegt, unserer Angst aus dem Weg zu gehen, ist es genauso unser Geschenk als Menschen, dass wir in der Lage sind, unsere Furcht zu verstehen, einzugestehen und zu akzeptieren. Zu verstehen, dass unsere Furcht davor, im Angesicht des Todes machtlos zu sein, genauso ein Teil unseres Lebens ist wie die Liebe. Dass wir ohne unsere Furcht nicht in der Lage sein würden, unser Bewusstsein zu erleben, unser Vermögen für Liebe und Mitleid, nicht nur für uns selbst in unserer Machtlosigkeit, sondern für andere. Ohne unsere Angst würden wir nie in der Lage sein uns selbst unsere Sünden zu vergeben, die wir aus Angst begehen. Wir würden nie die Gelegenheit haben, unser Gewissen zu gebrauchen und diesen Aspekt, ein menschliches Wesen zu sein, das uns von allem anderen Leben abhebt. Denn es liegt in unserer Fähigkeit, unsere Angst als etwas Abgesondertes zu sehen und nicht wer wir sind. In der Lage zu sein zu sagen „ein Teil von mir fürchtet sich“, als „Ich fürchte mich“. Denn „verängstigt sein“ ist nicht was bzw. wer ich bin. Es ist nicht meine Identität. Und dieser Teil von uns, der in der Lage ist, den Teil von uns zu sehen, der verängstigt ist, der traurig ist, der trauert… ist derselbe Teil, dasselbe Bewusstsein in jedem von uns der uns selbst… genau jetzt… hier sitzen und stehen sieht, zuhören und sprechen… dieser Teil, der in der Lage ist, uns selbst denken und fühlen zu sehen… das ist, wer wir wirklich sind. Dieser Ort des Bewusstseins ist unsere wahre Identität. Und dieses Bewusstsein… dieses Bewusstsein, das aus Gedanken besteht… Gedanken… aus denen alles gemacht ist. Die Luft die wir atmen, die Kleidung die wir tragen, die Ideen und Träume die wir haben… alle sind aus Gedanken gemacht. Und unsere Fähigkeit, uns selbst von diesem bewussten Ort abgesondert zu sehen… uns selbst in unserem allgemeinen menschlichen Kampf zu sehen, unserem Kampf mit unserer Machtlosigkeit Würde zu verleihen… uns selbst zu sehen und unsere gemeinsame Angst zu erleben und anzuerkennen… diese Fähigkeit gibt uns unsere Eigenschaft, Mitgefühl zu empfinden. In der Lage zu sein, unserer Reise mit der Angst und der Machtlosigkeit Würde zu verleihen und unserem all zu menschlichen Bedürfnis, ihnen aus dem Weg zu gehen. Und von diesem Ort des Bewusstseins… diesem abgesonderten Ort, können wir wählen, Mitleid für uns selbst und… in erweiterndem Sinne Mitgefühl für andere zu empfinden. Und wann immer wir Mitgefühl erleben, nehmen wir unsere Herzen wahr, unser Vermögen zu lieben, unsere Verbindung und Einssein miteinander, unser Einssein mit allem und unsere Zugehörigkeit mit allem, was ist. Unser menschlicher Zustand, machtlos im Angesicht unserer Sterblichkeit zu sein, gibt uns unsere Erfahrung der Angst… und Angst in unseren zerbrechlichen, all zu menschlichen Leben führt uns zu unserer Liebe. Genau wie sich das Universum vorher ausdehnen muss um sich anschließend wieder zusammenziehen zu können, oder unsere Lungen sich leeren müssen bevor sie sich von neuem füllen können, ohne die Anerkennung unserer Angst und Machtlosigkeit und der Würde unseres Kampfes… können wir keine Liebe erfahren… und ohne unsere Liebe… kann es keine Furcht geben. Sie brauchen einander… sie existieren zusammen und vervollständigen sich. Es fällt mir auf, dass das Thema und die Verpflichtung, die diese Organisation anspricht, weit jenseits unserer individuellen Erfahrungen von Trauer und Verlust reicht. Sie spricht einen Akt der Anerkennung an zu dem wir alle in der Lage sind und den wir alle benötigen; ein Akt des Mitgefühls für uns selbst und andere, dem Verständnis, dass unsere ganze Welt trauert. Dass die Fähigkeit, unsere Furcht vor der Machtlosigkeit zu realisieren und anzuerkennen, unsere Gelegenheit und unsere wahre Bevollmächtigung ist… und der einzige Weg, wie wir die furchtbar missliche Lage unserer Nation und der Völker der Welt überwinden können. Wir werden mehr denn je mit unserer Nähe zu dem Leid, Hass, Habgier und dem Mangel an Bewusstsein konfrontiert, zu dem wir und unsere Mitmenschen fähig sind. Es hat den Weg zu einem Grad von Furcht bereitet, den wir auf diesem Planeten noch nie zuvor erlebt haben. Es führt uns aber auch zu unserer größten Gelegenheit, menschlich sein zu können. Vielen Dank.
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